„Größter Einsatz seit 1951“: Bundespolizei bereitet sich in Leipzig auf Fußball-EM vor

Zur Fußball-Europameisterschaft muss sich die Leipziger Bundespolizei auf verschiedene Szenarien vorbereiten. Auch ausländische Beamte sollen zum Einsatz kommen.

Hochauflösende Kameras, Briefe an Hooligans und eine mobile Polizeiwache direkt aus Italien: Leipzigs Bundespolizeiinspektion bereitet sich mit einem umfassenden Konzept auf den Einsatz zur Fußball-Europameisterschaft vor. „Bundesweit ist es für uns als Bundespolizei der größte Einsatz seit 1951“, sagt Polizeidirektor Markus Pfau (42) gegenüber der LVZ. „Die Vorbereitung ist so komplex wie nie zuvor.“

Abstrakte Terrorgefahren, Cyberattacken und Anschläge gegen kritische Infrastruktur wie Bahnanlagen und Stromversorgung – die Sicherheitsbehörden müssen sich auf vielfältige Szenarien einstellen. „Darauf sind wir bestmöglich vorbereitet, haben starke Kräfte da und können bei Zwischenfällen mit Unterstützung von anderen Standorten der Bundespolizei reagieren“, berichtet der Dienststellenleiter. Eine mittlere dreistellige Zahl an Bundespolizisten ist während der EM neben den regulären Kräften in der Stadt.

EM in Leipzig: „Fans rausfiltern, die Probleme machen könnten“

Beim Bundespolizeipräsidium in Potsdam, wo der EM-Einsatz zentral koordiniert wird, halten sich zudem Spezialkräfte wie Entschärfer und Experten für Gefahren durch chemische oder auch biologische Substanzen bereit. „Im Ernstfall sind diese Einheiten sehr schnell abrufbar und sehr schnell hier“, so Pfau.

Allein schon die Kontrolle des Reiseverkehrs während der EM ist für die Bundespolizei Leipzig eine Herausforderung. „Wir bereiten uns darauf vor, dass wir infolge der temporären Wiedereinführung von Grenzkontrollen deutlich mehr damit zu tun haben werden“, erklärt der Polizeidirektor.

„Wir verstärken unsere Kräfte, um unter jenen Fans, die auf dem Luftweg anreisen, jene herauszufiltern, die Probleme machen könnten.“ Dabei sollen Erkenntnisse über Gewalttäter helfen, welche von internationalen Behörden in Fahndungsdatenbanken einfließen. Auch die Leipziger bekommen zusätzliche Infos vom International Police Cooperation Center (IPCC), welches ab Juni extra für die EM in Neuss arbeitet und in dem auch Beamte aus allen Teilnehmerländern sitzen.

Gefährderanschreiben an hiesige Gewalttäter

Alte Bekannte unter den hiesigen Hooligans haben bereits vorbeugend Post von der Bundespolizei erhalten. Etwa 60 bekannte Gewalttäter aus der Fanszene der Leipziger Vereine, insbesondere von Lok und Chemie, wurden in sogenannten Gefährderanschreiben nachdrücklich ersucht, gerade auch bei der EM die Füße stillzuhalten. „Aktuell liegen uns aber keine Erkenntnisse vor, dass größere Fangruppierungen das Turnier gezielt nutzen wollen, um Chaos zu verbreiten“, sagt Pfau.

Neben dem Leipziger Flughafen fokussiert sich die Bundespolizei auf die Bahnhöfe. Nicht nur die tschechische Nationalmannschaft werde auf der Schiene nach Leipzig reisen, sondern auch eine große Masse an Fans. So haben die Niederländer in Berlin eine Art zentrales Fancamp, von wo sie zu den jeweiligen Spielorten fahren. „Die Stadt wird orange“, sagt Pfau voraus. Zudem rechnen die Behörden mit einer mittleren fünfstelligen Zahl von kroatischen Anhängern, die aus ganz Deutschland nach Leipzig kommen. An den Spieltagen werden deshalb am Hauptbahnhof sowie an den Haltepunkten Flughafen und Messe starke Kräfte der Bundesbereitschaftspolizei aus Bad Düben präsent sein, schildert der Polizeidirektor.

Super-Recognizer zur Gesichtserkennung

Unterstützt werden die Einheiten durch ein hochmodernes Überwachungssystem. Bis zum Beginn der Europameisterschaft soll an allen innerstädtischen Haltepunkten wie Markt und Leuschnerplatz eine neue Kameraanlage installiert werden, die hochaufgelöste Bilder liefert.

An den Bahnhöfen am Flughafen und an der Messe kommt extra für die EM temporäre Technik zum Einsatz. Mit diesen Aufnahmen können Super-Recognizer – Fahndungs- und Aufklärungsspezialisten, die sich überdurchschnittlich gut Gesichter einprägen und wiedererkennen können – mithilfe eines Bilderpools während der EM bekannte Gewalttäter ausfindig machen.

Eigene Drohnen werde die Bundespolizei aufgrund der starken Restriktionen des Luftraums im innerstädtischen Bereich nicht einsetzen, erklärt Pfau. „Und Hubschraubereinsätze sind über der Stadt zunächst auch nicht vorgesehen.“

Dafür werden die Leipziger und ihre Gäste manch ungewohnte Polizeiuniformen erblicken. Erwartet werden ausländische Unterstützungskräfte aus jenen Ländern, deren Teams in Leipzig kicken. Allein Italien soll mit bis zu 24 Streifenbeamten und einer mobilen Wache vor Ort sein. Die Niederlande und Kroatien schicken ebenfalls Polizisten an die Pleiße. „Es geht da vor allem um die Kommunikation“, sagt Pfau. „Wir freuen uns auf ein hoffentlich friedliches Fußballfest.“